Im Jahr 2022 wurde es teuer. Richtig teuer. Rund 550 Tonnen seiner Produkte musste ein Süßwarenhersteller in Frankreich und den Benelux-Staaten zurückrufen. Über einen defekten Filter waren im Zuge des Produktionsprozesses Reste von Lachs in einen Butterbehälter eingedrungen. Und damit auch die Salmonellen.
Die Bakterien verursachen Salmonellose, die am zweithäufigsten gemeldete gastrointestinale Infektion in der EU. Und eine wichtige Ursache für lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche. Allein im Jahr 2022 wurden in der EU 65.967 laborbestätigte Salmonellose-Fälle gemeldet, von denen 81 tödlich verliefen – eine Rate von 15,5 Fällen pro 100.000 Einwohner:innen.
Für das betroffene Unternehmen hatte der Ausbruch mehr als zwei Millionen US-Dollar an Entschädigungszahlungen zur Folge. Nicht zu bemessen waren die finanziellen Verluste infolge nicht verkaufter Ware und des Imageschadens. Das Unternehmen selbst schätzt, dass das Vertrauen in seine Produkte bei rund 60 Prozent seiner Kund:innen gesunken sei. Die ENFIT Organisation für Supply Chain Safety errechnete einen Schaden durch solche Rückrufaktionen wegen Qualitätsmängeln auf durchschnittlich ca. 550 Mio Euro.
Viele Vorschriften, wenig Commitment
Dass ähnliche Vorfälle kein Zufall sind, wurde vor wenigen Tagen im Rahmen einer Konferenz der ENFIT in Brüssel sehr deutlich. Vladimir Surčinski, CEO der Organisation für Supply-Chain-Sicherheit, zeichnete ein ziemlich düsteres Bild des Alltags der Transport- und Reinigungsprozesse. Zwar unterliegen vor allem jene Supply Chains, die mit Lebensmitteln zu tun haben, einer Vielzahl an Vorschriften und Standards – doch stellen diese einerseits oft keine allzu hohen Qualitätsanforderungen und werden andererseits in vielen Fällen einfach nicht beachtet.
“Ich war einerseits geschockt, welche Zustände da draußen als Standard akzeptiert werden, ohne dass dies offensichtlich interessiert. In der Regel wissen die Unternehmen davon gar nichts, weil sie denken “das wurde standardmäßig behandelt, das passt also”. Das hat allerdings zwei Haken: Die Standards suggerieren einen Qualitätsanspruch, der gar nicht gegeben ist und schon die Einhaltung dieser Proforma-Standards wird einfach umgangen. Kontrolle: Fehlanzeige. Andererseits sehe ich, wie ENFIT diese Probleme benennt und Abhilfe schafft durch eigene, hohe Standards und Zertifizierungen", meint Pacoon-Geschäftsführer Peter Désilets.
Verpackung und Transport von Lebensmitteln: Oft ein Hygiene-Desaster
Vladimir Surčinski verschonte die Besucher:innen der Konferenz auch nicht mit einer Fülle an Fotos, die schwerste Hygienemängel im Lebensmitteltransport zeigen. Darunter unverschlossene oder undichte Rohre, fehlende Filter, Behälter mit offenen Schweißnähten, Rostbefall bei Lebensmitteltanks und völlig verdreckte Transporteinheiten. Nicht nachhaltige Verpackung oder Transportverpackung hat an sich schon stark negative Auswirkungen auf die Umwelt – unter diesen Bedingungen wird sie zu einer akuten Gefahr für die Gesundheit.
Um die Zustände mit Zahlen zu unterlegen, unterzog die ENFIT mehr als 50 Unternehmen der THR-Analyse (Transport Hygiene Risk-Analyse), die bemisst, inwiefern eine Organisation auf Gefahren in der Transport-Hygiene nur reagieren kann oder sich aktiv und effizient darauf vorbereitet. Das Ergebnis ist erwartungsgemäß: Kein einziges der untersuchten Unternehmen erreicht das Mindestlevel 3 von 5, im Schnitt ergibt sich bei allen ein „hohes Risiko“.
Dazu sagt Hans-Dieter Philipowski, Präsident der ENFIT: “Die ENFIT THR-Analyse zeigt, dass dieses Problem weit über den Lebensmittelsektor hinausgeht. Auch Futtermittel- und Chemietransporte sind betroffen. Besonders kritisch ist der gesetzeswidrige Einsatz von Transportbehältern bei sogenannten „Wechseltransporten“: Wir haben zahlreiche Fälle dokumentiert, in denen Transportbehälter, die dem ausschließlichem Transport von Lebensmitteln vorbehalten sind und entsprechend als „NUR FÜR LEBENSMITTEL“ zu kennzeichnen sind, auch für Gefahrgüter oder andere Chemikalien verwendet wurden – und umgekehrt.”
Fokus auf Recycling und Mehrwegverpackungen
Zustände also, die letztlich Menschenleben gefährden. Und die darüber hinaus für Unternehmen ausgesprochen unangenehme Folgen haben können. Auf viele Branchen kommt allerdings ein weiterer Grund zu, sich sehr eingehend mit der Transport-Hygiene zu beschäftigen: die PPWR.
Die EU-Verordnung PPWR (Packaging and Packaging Waste Regulation) soll spätestens ab 2026 die bisherige Verpackungsrichtlinie ersetzen und gilt als europaweite Mindestanforderung - einzelne nationale Verpackungsgesetze gehen sogar noch darüber hinaus. Ihr grundlegendes Ziel ist die Reduktion der Umweltbelastung durch den Einsatz von und den Abfall aus Verpackungen. Dabei steht einerseits die generelle Reduktion von Einweg-Transportverpackungen im Fokus, denn Einwegverpackungen sollen gemäß der PPWR zugunsten von Mehrwegverpackungen zurückgedrängt werden. Auch F&E soll gefördert werden, wenn es um die Entwicklung und Herstellung von neuen Verpackungen geht. Ein Hauptaugenmerk liegt aber auf erhöhter Recyclingquote und Rezyklateinsatz und vielfach mehr Wiederverwendung.
Wiederverwendbare Verpackung benötigt Reinigung
Ein Fokus, der eine ganze Palette an Implikationen mit sich bringt. Darunter auch ein deutlich erhöhter Bedarf an Reinigung von Mehrwegverpackungen und an entsprechenden Mehrweg-Transporten. Für Hersteller und Händler kann Nachlässigkeit in diesem Bereich also demnächst daher vor diesem Hintergrund teuer werden. Die PPWR ist in dieser Hinsicht recht deutlich: Demnach werden die EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, „in ihren nationalen Rechtsvorschriften (…) wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen für Verstöße gegen diese Verordnung fest(zu)legen“.
“Der Einsatz von Mehrwegbehältern ist ja die eine Seite. Aber die Reinigung erfordert neue Systeme, die bisher nur teilweise existieren. Es gibt verschiedene Optionen, die Reinigung und Rückführung zu betreiben. Die teuerste für ein Unternehmen ist sicherlich der eigene, der closed Loop”, so Peter Désilets. Doch auch Vertrauen in andere Systeme habe seinen Preis, warnt Désilets: “Wenn ich jedoch eine bestehende Infrastruktur nutzen möchte, will ich mich auf die Einhaltung von Hygiene-Standards verlassen, um meine Brand nicht zu gefährden. Die heutigen Standards sind jedoch völlig unzureichend, die Transportunternehmen werden jedoch preislich gegängelt und müssen auch nur den Mindeststandard liefern. Das führt zu vielen Fehlern und Risiken in der Supply Chain, wie ja die THR-Analyse sehr deutlich zeigt.”
Kunststoff, Recyclingquoten und mehr: mit Pacoon den Durchblick behalten
Die PPWR ist das derzeit meistdiskutierte Regelwerk im Zusammenhang mit Verpackungen und wird die größte Umwälzung in der Geschichte der Verpackung mit sich bringen. Das Einzige ist es bei weitem nicht. Wie über die PPWR hinaus unterliegt der Bereich der Verpackungen permanent nationalen regulatorischen Veränderungen. Allein im Jahr 2022 hat die Europäische Union beinahe 1.500 Beschlüsse, Verordnungen und Richtlinien umgesetzt, die direkt oder indirekt die Themen Verpackung, Entsorgung von Verpackungsmaterialien und Nachhaltigkeit betreffen.
Pacoon Sustainabililty Concepts (PSC) bietet mit dem Regulation Monitoring Service von einen speziellen Service, mit dem Unternehmen jederzeit darüber informiert bleiben, welche gesetzlichen Veränderungen auf europäischer und auf nationaler Ebene aktuell geschehen – und was das konkret für sie bedeutet. Das Screening ist auf die konkreten Auswirkungen des jeweiligen Produktportfolios zugeschnitten – PSC informiert Sie also nicht nur über kommende und zu erwartende Gesetzesänderungen und identifiziert Aktionsbedarf, sondern gibt auch maßgeschneiderte Empfehlungen für Ihre Verpackungs-Strategie.
Darüber hinaus bietet PSC seit Neuestem auch die PPWR Guidelines an, die jedem Verpackungsentwickler innerhalb von zwei Minuten erlauben, die Anforderungen an seine Verpackung für das individuelle Vermarktungs-Szenario zu identifizieren.
Wer zuerst kommt, mahlt zuerst
Für PSC sind die PPWR Guidelines aber nur der erste Schritt: das Verstehen des Gesetzes, um die notwendigen Herausforderungen zu identifizieren. Die wahre Aufgabe folgt dann aber als Regulation Monitoring für das komplette Verpackungsportfolio und die Ableitung der notwendigen Handlungsempfehlungen im Abgleich mit den relevanten Gesetzen. Wissend, dass deutlich über eine Million Unternehmen in- und außerhalb der EU aktiv werden müssen und schon heute fachlich ausgebildete Experten Mangelware sind, wächst der Druck auf die Unternehmen umso mehr, rechtzeitig zu starten. Denn die Verpackungshersteller sind ebenso gefordert, neue Lösungen zu präsentieren, die erst entwickelt werden müssen.
Mit einem Aufhübschen der heutigen Lösungen werden die Anforderungen häufig nicht erfüllt werden. Die höheren Entsorgungsgebühren werden darüber hinaus diese Lösungen vermutlich deutlich verteuern – mit einer Plastiksteuer, einem Einwegkunststoff-Fonds zusammen mit dem heutigen Entsorgungsgebühren des Dualen Systems ist von einer Verdreifachung der Gebühren die Rede. Darum gilt umso mehr, dass die Frontrunner auch die besten Plätze im Rennen belegen werden und die Nachzügler sich mit den Restplätzen begnügen müssen.