Der samstägige Gang durch den Supermarkt. Vorbei an der Frischwarenabteilung und dem Tiefkühlregal. Ein kühler Hauch bläst einem um die Nase, wenn die Tür aufgeht und das schockgefrostete Gemüse in den Einkaufswagen wandert. Weiter zu den Snacks für die Kinder.
Nach und nach füllen sich die Wagen der Kund:innen mit einem Artikel nach dem anderen. Und in den meisten Einkaufswagen finden sich Produkte aus nachhaltiger Landwirtschaft, gerne auch mit nachhaltiger Verpackung. Vorzugsweise sind die Verpackungen in gedeckten Farben gehalten, manchmal ziert sie auch ein Pflanzen-Muster. Das hat seine Gründe, wie schon Studien von pacoon aus den Jahren 2012 und 2020 gezeigt haben - für die Verbraucher symbolisieren diese Farben Nachhaltigkeit.
Rund 70 Prozent der Verbraucher:innen bezeichnen sich dem „Global Buying Green Report 2022“ von Trivium Packaging zufolge als umweltbewusst. Das spiegelt sich auch in ihrem Kaufverhalten wider. 68 Prozent der Konsument:innen haben sich in den vorangegangenen sechs Monaten für ein Produkt entschieden, weil dessen Nachhaltigkeitsbilanz sie davon überzeugt hat. Inhalt und Verpackung sind für die Kund:innen gleichermaßen entscheidend. Insbesondere bei Lebensmitteln dürfte die Verpackung also als Teil des Nachhaltigkeitsversprechens wahrgenommen werden. “Ein wesentlicher Beweggrund, dass Kunden heute zu uns kommen und nachhaltige, alternative Verpackungskonzepte oder -materialien anfragen, beruht auf der Erkenntnis, dass die Verbraucher die bisherigen Verpackungen als nicht nachhaltig erachten und Druck aufgebaut wird, etwas zu verändern”, sagt pacoon-Geschäftsführer Peter Désilets.
Ladenhüter im Plastikmantel
Auch einer vom Deutschen Verpackungsinstitut in Auftrag gegebenen Umfrage zufolge haben fast 70 Prozent der Verbraucher:innen schon einmal vom Kauf eines Produkts abgesehen, weil es nicht nachhaltig verpackt war. 19 Prozent verzichten sogar regelmäßig auf Produkte, deren Verpackung keine gute Umweltbilanz zu haben scheint. Langfristig hat dies zum einen direkte Auswirkungen auf die Umsatzzahlen, zum anderen leidet auch der Markenwert.
Wer nicht als nachhaltig wahrgenommen wird, kommt in der Supermarktroutine der kritischen Kundschaft über kurz oder lang nicht mehr vor. Mehr als die Hälfte der Konsument:innen bevorzugt grundsätzlich bekannte Marken mit hohem Brand Equity. Mehr Markenwert bedeutet in der Regel leichtere Kundenbindung, die Möglichkeit zu höheren Produktpreisen und vereinfachte Einführung neuer Produkte. Es ist Markenpflicht, Konsumentinnen und Konsumenten von der Bio-Güte von Lebensmitteln zu überzeugen - und am besten funktioniert das selbstverständlich, wenn Produktversprechen und Anmutung und Material der Verpackungen eine für die Konsument:innen logische und nachvollziehbare Einheit bilden. “Die Brand Owner stehen hier in der Pflicht und müssen entscheiden, wie sie diesem Anspruch der Konsumenten am besten Rechnung tragen. Die 100 % Lösung gibt es nicht, also welchen Kompromiss gehen die Hersteller ein? Die wenigsten Produzenten haben sich aber in den letzten Jahren intensiv und ausreichend mit der Thematik befasst. Gleichzeitig soll schnell eine Lösung gefunden werden, die - man höre und staune - inzwischen sogar etwas mehr kosten darf. Hier hat sich in den letzten Jahren schon die Einstellung geändert, natürlich auch durch die Lieferengpässe und Kostensteigerungen. Zu häufig wird aber der einfache und zu kurz gegriffene Weg gegangen in der Hoffnung, dass es einem nicht so schnell auf die Füße fällt - eine Wette auf Zukunft also und insgesamt auch nur ein Gleichziehen mit der Masse der Wettbewerber und kein Alleinstellungsmerkmal”, beschreibt Désilets die nicht immer sinnvolle Zurückhaltung der Brand Owner.
Niemand kann sich auf seinem Image ausruhen. Auch Brands, die in der Wahrnehmung der Kund:innen derzeit sehr präsent und positiv verknüpft sind, kommen in die Bredouille, sofern sie die Zeichen der Zeit nicht erkennen. Langfristig gibt es auch für große Player keine Alternative zu nachhaltigen Verpackungen und Produkten. Schließlich haben große Brands auch mehr zu verlieren - ihr Markenimage hängt direkt mit einer klaren Produktsprache und einer glasklaren Positionierung - eben auch im Sinne der Nachhaltigkeit - zusammen. Doch es sind nicht immer die Branchenriesen, die voran gehen: “Kleine Marken agieren häufig schneller und risikofreudiger, sind aber häufig auch durch ideologische Vorstellungen geprägt und die Lösungen sind auch nicht unbedingt gesamtheitlich nachhaltiger. Dafür treffen sie auch eher den Nerv ihrer Zielgruppe - die sich natürlich auch ideologisch orientiert. Große Marken suchen gern mal die Show, kommunizieren plakativer, die Lösung ist aber häufig der Weg des geringsten Widerstands. Da wird auch weniger Risiko gesucht bei den großen Marken, nach dem Motto ‘Wer viel hat, kann auch viel verlieren’ und die Implementierung in der Supply Chain ist natürlich auch aufwändiger”, so Désilets.
Informationen auf der Verpackung liefern
Im Gegenzug können kleinere Marken ihren Brand Equity nur nachhaltig ausbauen. Studien belegen, dass das Umweltbewusstsein seinen Zenit noch lange nicht erreicht hat. Die Ansprüche in puncto nachhaltige Verpackungen steigen stetig, das Thema Umwelt ist in aller Munde.
In Zukunft können Unternehmen die Vorteile eines hohen Markenwerts nur dann abschöpfen, wenn sie sich rechtzeitig um eine gute Umweltbilanz und ganzheitliche Nachhaltigkeitskommunikation gekümmert haben.
Knappe Werbebotschaften und ein Aufdruck am Verpackungsrand stillen den Wissensdurst der Kund:innen nämlich nicht mehr, sie wollen mehr Informationen. Wer hingegen auf allen zur Verfügung stehenden Kanälen umfassend informiert und auch Herausforderungen offen kommuniziert, zahlt Bares auf sein Markenwertkonto ein.
Die Verpackung von morgen bieten
Jeder und jede dritte Deutsche ist bei Lebensmitteln und Haushaltsprodukten experimentierfreudig. Und selbst die treuesten Kund:innen fällen jeden Tag auf’s Neue Entscheidungen, probieren im Zweifelsfall auch Neues aus. Markenwert ist keine unantastbare Konstante, er ändert sich mit den Bedürfnissen und Wünschen der Verbraucher:innen. Die Bedeutung von Nachhaltigkeit darf nicht unterschätzt werden.
Eine nachhaltige Umverpackung wird zum Indiz dafür, dass ich mich auch auf Nachhaltigkeitsversprechen beim Inhalt verlassen kann. Ein Puzzlestück, ein Boost für die Brand Awareness. Wer Wert auf eine glaubwürdige Brand Identity legt, muss sein Unternehmen auf ganzer Linie als nachhaltig positionieren. Entsprechendes Branding trägt ein Stück dazu bei. Der Kunde und die Kundin von heute suchen nach Unternehmen, die ihrer sozialen Verantwortung der Gesellschaft gegenüber nachkommen.
Markenwert nachhaltig ausgebaut
Eines von zahlreichen Beispielen dafür, wie Markenwert durch eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsstrategie gesichert und sogar weiter ausgebaut werden kann, ist Frosta. Der Markenname ist Konsument:innen seit Jahrzehnten ein Begriff, bereits seit 2003 gibt es ein „Reinheitsgebot“: das Unternehmen wirbt mit Tiefkühlprodukten aus nachhaltig angebauten Zutaten ohne Geschmacksverstärker, Aromen und Farbstoffe.
Die nachhaltige Ausrichtung der Brand Identity wird nun auch in Verpackungsmaterial- und design fortgeführt. Mit dem ersten Papierbeutel für die Tiefkühltruhe heimste Frosta 2020 den Deutschen Verpackungspreis in der Kategorie Nachhaltigkeit ein. Das Plastik wird vollständig ersetzt, der Beutel kann mit dem Altpapier recycelt werden und hat einen niedrigeren CO2-Fußabdruck. Alles Aspekte, die sich auch der kritischen Kundschaft vermitteln lassen. Allerdings ist die Entwicklung mit viel Aufwand verbunden, um die Packungen auch mit den nötigen Barrieren auszustatten.
Echte Alternativen für die Umwelt
Denn die sind bei geringstem Greenwashing-Verdacht mittlerweile hellhörig geworden und wollen echte Alternativen. Nachhaltige Verpackungen können aus einem nachwachsenden Rohstoff statt fossilem Kunststoff bestehen, als Mehrweg-Alternative daherkommen, recyclebar, aus rezyklat oder kompostierbar sein – die Auswahl ist riesig. Und die Verpackungsindustrie entwickelt immer neue Optionen, die der entscheidenden Rolle von Nachhaltigkeit Rechnung tragen.
Dafür nimmt die Mehrheit der Verbraucher:innen auch höhere Preise in Kauf. So sind etwa dem bereits eingangs erwähnten „Global Buying Green Report 2022“ zufolge 86 Prozent der Konsument:innen unter 45 Jahren bereit, für nachhaltige Verpackungen mehr zu bezahlen. Der Anteil ist damit im Vergleich zum Jahr 2021 nochmals um drei Prozentpunkte gestiegen. Mehr als 15.000 Verbraucher:innen in Europa, Nord- und Südamerika wurden für den Report befragt. Das zeigt übrigens auch: Nachhaltige Verpackungen gehören zu den krisenfesteren Faktoren unternehmerischen Erfolges, denn der Krieg gegen die Ukraine und damit auch höhere Preise im Supermarktregal dürften der grünen Konsumfreude weniger anhaben.
Die Konsumenten-Welt will Verpackungen aus umweltfreundlichen Materialien beziehungsweise Rohstoffen ohne langen Transport, möglichst keine Kunststoffe, sondern Papier. “Das ist auch der Tenor der Hersteller-Anfragen, die seit zwei bis drei Jahren bei uns landen”, sagt Peter Désilets. Sie will Müll vermeiden, recyclen und Ressourcen schonen. Verbraucher:innen machen sich also nicht nur Gedanken um den Produktschutz, sondern auch um die Verwendung der Verpackung nach der Verwendung des Produkts. Und bei allem ist man als Marke gefordert, mit entsprechenden Produkten zu dienen.
Keine Preisfrage
Mit entsprechenden Preiserhöhungen lassen sich auch Kosten abfedern, die bei der Umstellung auf nachhaltige Verpackungsmaterialien entstehen können – aber nicht zwangsläufig müssen. Teils sind nämlich gar keine aufwändigen technischen Umrüstungen notwendig oder es lassen sich in der Value Chain an manchen Stellen Kosten einsparen.
Wer eine Umstellung auf eine nachhaltigere Variante einer Verpackung in Erwägung zieht, sollte aber in jedem Fall den gesamten Produktions- und Lebenszyklus eines Produktes in den Blick nehmen. Von der Quelle verwendeten Verpackungsmaterials bis zur Entsorgung und dem Weg in den Verpackungsmüll: Konsument:innen wissen eine kohärente, nachhaltige Markenstrategie zu schätzen. So gelingt das Projekt "Nachhaltige Verpackungen" garantiert.
Nachhaltigkeit sichert Aufmerksamkeit
Dass sich ein Großteil der Bevölkerung umweltbewusst durch die heimischen Supermärkte bewegt, wissen wir bereits. Sie kaufen, was ihnen glaubwürdig Planeten- und Ressourcenschonung verspricht, und lassen den Rest immer öfter liegen. Tragetaschen aus Plastik sind ebenso out wie Kunststoffverpackungen, wo sie nicht notwendig erscheinen. Kund:innen wollen ein Stück dazu beitragen, die Umwelt zu retten, die Sinnfrage hat auch in unseren Alltag Einzug gehalten. Der Beitrag eines Unternehmens liegt unter anderem darin, Verbraucherinnen und Verbrauchern in diesem Vorhaben zu unterstützen, auch nicht ganz uneigennützig.
Wer im Kontext mit Nachhaltigkeit wahrgenommen werden will – wer künftig überhaupt noch wahrgenommen werden will – sollte den Anschluss nicht verpassen und sein Angebot der Nachfrage anpassen. Die Gunst der Konsument:innen und damit auch der eigene Markenwert sind nur allzu schnell verspielt. Peter Désilets warnt vor allzu großer Kompromissfähigkeit: “Der Prozess einer Verpackungsumstellung kann durchaus ein, zwei Jahre dauern, je nachdem, was umgestellt wird und bis die relevanten Tests absolviert wurden. Daher sollten sich Unternehmen frühzeitig mit dem Thema befassen, damit sie nicht in Zeitnot geraten und somit ‘aus der Not’ eine womöglich nachteilige Entscheidung treffen. Häufig gehen aber Unternehmen dann zum Sparen über, wenn es nicht gut läuft. Wer sich jedoch in Krisenzeiten neu aufstellt - egal ob bei der Verpackung, dem Verpackungsdesign oder dem Produkt- und Leistungsangebot - der arbeitet schon an dem Zukunftswert der Marke. Es gibt ja auch Marken, die investieren in Krisenzeiten, weil die Wahrnehmung dann besser ist und der Effekt somit höher. Aber in unserer kurzfristigen Unternehmerdenke zählt meist das nächste Quartal oder Jahr, nicht der langfristige Erfolg.”