Noch sind die Mengen ziemlich überschaubar. Nur zwei Prozent der Gesamtproduktionsmenge an Polymeren ist biobasiert, der große Rest sind petrochemische Polymere. Doch Bio-Kunststoffe für Verpackungen einzusetzen, erhält letztlich auch durch die Bemühungen großer Konzerne einen Bedeutungsschub. Nestlé und Danone etwa haben sich schon vor Jahren verpflichtet, nur noch Flaschen aus Bio-PET einzusetzen, auch in Supermärkten finden sich immer öfter Behältnisse wie etwa Joghurtbecher aus biobasiertem PLA. PEF ist die vielversprechende Alternative zu PET, es soll sogar noch bessere Eigenschaften als PET haben.
Doch biobasierte Kunststoffe haben einen großen Nachteil: sie müssen mit einer seit Jahrzehnten etablierten und auf petrochemischen Polymeren aufgebauten, gleichsam hoch effizienten Prozesskette konkurrieren. Was es also zweifellos braucht, um die Bio-Kunststoffe zu etablieren, ist die Standardisierung von Prozessketten in der Bio-Ökonomie. Und wenn wir schon bei Standards sind: noch gibt es solche nicht, um tatsächlich die Nachhaltigkeit der Materialien beurteilen zu können, denn Nachhaltigkeit ist mehr als ein Parameter.
Dennoch: Der Markt für Bio-Kunststoffe hat in den letzten Jahren weiter an Dynamik gewonnen, Forschergeist und Unternehmergeist sorgen gemeinsam für erstaunliche Innovationen. Fünf, die zeigen, was alles geht und was künftig noch gehen wird, wollen wir Ihnen hier präsentieren:
1. Die Bio-Kaffeekapsel vom Tegernsee
Mit Kaffee hatte Marus Berthold, Gründer von „Feel Good Coffee“, in seinem bisherigen Job wohl höchstens als Konsument zu tun. Denn Berthold ist eigentlich Social Media-Profi und auch Gründer einer einschlägigen Agentur. Doch irgendwann packte ihn wohl der Ehrgeiz, Convenience und Nachhaltigkeit beim Kaffeegenuss zu verbinden. Und er arbeitete an einem Kaffeekapsel-System, das herkömmliches Plastik durch biobasierte Rohstoffe ersetzt – Cellulose, Naturharz und Pflanzenfasern. Auch der übliche Aluminiumdeckel der Kapseln musste ersetzt werden. Berthold fand einen Hersteller, dessen Papier den nötigen Druck von 19 Bar aushalten konnte. Die Barista-Forschung hat sich ausgezahlt: mittlerweile bietet Feel Good Coffee drei verschiedene Kaffeesorten an.
2. Bio-Kunststoffe vom Bauernhof
„Ein Abfallprodukt, das selbst schon bio ist, wird umweltschonend weiterverarbeitet und ersetzt ein Problemprodukt“, begründete die Jury des Deutschen Gründerpreises die Nominierung des Hamburger Startups „Traceless“ für die Auszeichnung. Und das trifft es ganz gut: Traceless hat ein Material entwickelt, das landwirtschaftliche Reststoffe als Basis verwendet, wie Kunststoff verarbeitet werden kann und vollständig kompostierbar ist. Vor allem in der Kompostierbarkeit liegt der Unterschied: während andere Materialien darauf ausgelegt sind, in industriellen Kompostieranlagen verarbeitet zu werden, sind die Produkte von Traceless auf natürlichem Wege kompostierbar. Und – da wären wir wieder bei der Prozesskette: Traceless lässt sich wie herkömmliche Kunststoffe weiterverarbeiten.
3. Füllmaterial Funghi
Die Herstellung von Styropor ist energieintensiv, seine Verwendung ebenso verbreitet wie seine Überreste in der Natur auch umweltschädlich sind. Doch das amerikanische Unternehmen Ecovative hat eine Alternative: es mischt Bioabfälle mit speziellen Pilzkulturen, die sich der Abfälle als Nahrung bedienen, um zu wachsen. Das Ergebnis wird nach etwa fünf Tagen wieder zerkleinert und in eine Form eingebracht, um daraus die gewünschte Verpackung zu produzieren – und die ist dann etwa für Versandverpackungen genauso geeignet wie herkömmliches Styropor.
4. Zerfall doch!
Bio-Kunststoffe haben nach wie vor ihre technologischen Tücken. Eine davon: sie sollen während des Gebrauchs stabil bleiben und danach im Idealfall so zerfallen, dass sie wiederum für neues Material verwendet werden können – denn das ist dann Upcycling. Ein Team von Forscher:innen aus den USA arbeitet nun an einem System, mit dem biobasierten Kunststoffen ein „Zerfallsbefehl“ gegeben werden kann. Das Team hat also aus Basis von Vanillin ein Polymer entwickelt, der sich nur bei Bestrahlung mit einer bestimmten Wellenlänge zerlegt – und diese Wellenlänge hat Sonnenlicht nicht. Dadurch setzt der Zerfallsprozess nicht ungewollt ein. 60% der Monomere ließen sich erneut polymerisieren. Und Vanillin kann einfach hergestellt werden: es ist etwa Abfallprodukt der Zellstoff-Herstellung.
5. Gekocht aus Biomasse
An einem PET-ähnlichen Kunststoff aus Biomasse arbeiten Forscher:innen der EPFL in Lausanne: sie verwenden zur Herstellung des Kunststoffs insbesondere Polymere aus nicht essbaren Pflanzenmaterialien: Lignocellulose-Biomasse. Der Schlüssel zum Bio-Kunststoff: landwirtschaftlicher Abfall wird in kostengünstigen Chemikalien gekocht und damit die Kunststoffvorstufe hergestellt. Dabei wird statt Formaldehyd Glyoxilsäure verwendet, die Zuckerstruktur innerhalb des Kunststoffs bleibt intakt. Der Prozess ermöglicht, bis zu 95% des gereinigten Zuckers im Rohmaterial zu Kunststoff umzuwandeln – eine ideale Basis etwa für hitzebeständige Lebensmittelverpackungen, die dann wieder – genau: zu Zucker abgebaut werden.